Pressemitteilung vom 20. Oktober 2017
Kiesabbau-Genehmigung am Ortsrand zwischen Martinsried und Gräfelfing: absurde Rechtslage
Im Jahr 1960 genehmigte das Landratsamt, damals noch ohne Sensibilität für Umweltschutz und Öffentlichkeitsbeteiligung, der Firma Glück einen Kiesabbau im Gebiet nördlich des Martinsrieder Weges (auf Gräfelfinger Grund, aber unmittelbar an Martinsried angrenzend).
In 2016/17, also 56 Jahre später, will nun die Firma Glück diesen Kiesabbau in geänderter Form genehmigt bekommen und beruft sich dabei auf diese Alt-Genehmigung. Unglaublich, aber wahr: diese Genehmigung ist tatsächlich noch nicht verjährt.
Sonderbarerweise ist dies anders als bei üblichen Baugenehmigungen, die nach mehrjähriger Nicht-Realisierung an veränderte Randbedingungen angepasst werden können. So spielt keine Rolle, dass diese Fläche mittlerweile Bestandteil des Regionalen Grünzugs und Trenngrüns ist und tausende Wohnungen und ein dichtes Gewerbegebiet im Westen der Fläche entstanden sind. Dementsprechend erhielten die Gemeinden Gräfelfing und Planegg vom Landratsamt nur ein sehr eingeschränktes Recht auf Stellungnahme. Formale Begründung: Da seinerzeit ja sogar ein Nassabbau gemäß Wasserhaushaltsgesetz genehmigt worden sei, sei nunmehr ja ein Trockenabbau (bis 2 Meter über Grundwasser) geplant. Rechtsanwälte und die beiden Gemeinden vertraten die Ansicht, dass nunmehr das Bayerische Abgrabungsgesetz maßgeblich sei und aufgrund seiner Anwendung dann auch eine größere Mitsprache der Gemeinden und eine Öffentlichkeitsbeteiligung zu gewährleisten sei. Doch das Landratsamt ließ sich davon nicht überzeugen. Eine Klage dagegen wäre zudem kaum erfolgreich gewesen. So konnten die beiden Gemeinden also nur diverse Auflagen vorschlagen.
Von Seiten der Gemeinde Gräfelfing betraf dies insbesondere den zeitlichen Rahmen (10 Jahre seien jedenfalls viel zu lange), die Beschränkung auf Werktage von 8 bis 18 Uhr, den Einsatz von leisen Fahrzeugen und das ständige Feuchthalten der Fahrwege bei der besonders staub-intensiven Wiederauffüllung. Weiterhin wurde vorgeschlagen, dass die vorliegende schalltechnische Untersuchung noch weitere Lärmquellen bei der Wiederverfüllung berücksichtigen soll. Schließlich wurde aber auch eingestanden, dass die Überwachung der Auflageneinhaltung wohl sehr aufwändig und problematisch sei.
Im Juli 2017 befasste sich auch der Planegger Gemeinderat mit dem Thema. Seine Forderungen: Zeitliche Begrenzung auf 6 Jahre und Werktage von 7 bis 17 Uhr, Öffentlichkeitsveranstaltung spätestens drei Monate vor Beginn der Maßnahme, Errichtung von einem Staubschutzwall, der allerdings kurzfristig zurückzubauen ist, wenn die Fläche für eine Ortsumfahrung benötigt wird.
Diese Regelungen sind mittlerweile privatrechtlich mit der Fa. Glück vereinbart. Dazu gehört auch das Zugeständnis, dass alle Interessierten Einsicht in die Genehmigungsunterlagen und Gutachten gewährt wird. Damit ist – aufgrund hoher Strafen bei Auflagen-Nichteinhaltung – relativ sicher, dass diese eingehalten werden.Bei Auflagen durch das Landratsamt wäre das erfahrungsgemäß eher fraglich. Doch eine tatsächliche Öffentlichkeitsbeteiligung ist dies natürlich nicht. Stellungnahmen von Bürgerinnen und Bürgern, die sich erst aus der genauen Kenntnis der Planung ergeben, können jedenfalls nichts mehr bewirken.
Zudem ist zu beachten, dass derzeit noch große Grubenflächen vorhanden sind, die eigentlich schon längst wiederverfüllt und aufgeforstet hätten sein müssen. So ist es auch schwer zu verstehen, warum nicht erst dort der Kiesabbau abgeschlossen wird, bevor neue Flächen angegangen werden.
Es bleibt also festzustellen: Das Vorhaben ist rechtlich trotz der zu erwartenden Belastungen durch Lärm und Staub nicht zu verhindern. Derartige Planungen wären nur durch eine Erhöhung vom Schutzstatus der regionalplanerischen Flächenausweisungen möglich. Kiesabbau im Regionalen Grünzug müsste zumindest dann unbedingt versagt werden, wenn die unvermeidlichen Emissionen Auswirkungen auf Siedlungsgebiete haben, auch wenn sie unter Grenzwerten gehalten werden können.
Das Grünzug-Netzwerk Würmtal e.V. wendet sich jedenfalls entschieden gegen die Auskiesung dieser sensiblen Fläche.